Homeschooling oder in portugiesisch Ensino Doméstico (ED) wird in Portugal immer populärer. Waren es 2012 gerade mal 63 Kinder, die zuhause unterrichtet wurden, so sind es heute bereits über 900. Jedoch ist es möglich, dass diese Art der Bildung in Portugal in naher Zukunft nicht mehr zugelassen ist. Der Grund dafür sind Änderungen durch das Ministério da Educação. Dazu wurden zwei Gesetzesänderungen verfasst - die Decretos-Lei 54/2018 und 55/2018.
Begründet werden diese Änderungen mit der Modernisierung der traditionellen Schulbildung: Die einzelnen Schulen bekommen mehr Freiheiten in der Ausarbeitung der Lerninhalte und deren Bewertung. Damit sollen allen Schüler dieselben Lerninhalte vermittelt. Je nach ihren Fähigkeiten entwickeln sie die entsprechenden Kenntnisse, um am der Schulpflicht die vom Ministerium gesetzten Kriterien erfüllen zu können.
Diese Änderungen sind vorgesehen:
Bisher reichte es aus, im Anmeldebogen einen entsprechenden Vermerk zu machen oder einfach die entsprechende Stelle anzukreuzen. Zukünftig benötigen die Eltern außerdem die Einwilligung der Schule aus dem Wohnbezirk des Schülers.
Aus dem Gesetz geht leider nicht hervor, welche Kriterien die Basis für diese Entscheidung sein werden.
Entscheiden sich Eltern/Erziehungsberechtigte für Homeschooling, müssen sie dies fortan begründen, dazu einen Bildungspflichtigen benennen (also die Person, die den Schüler künftig unterrichten wird); der Schüler wird im Beisein der Eltern und des Schuldirektors dazu angehört.
Darüber hinaus benötigt die Person, die sich verpflichtet, die Bildungsinhalte zu vermitteln, mindestens einen Universitätsabschluss. Bisher benötigten die Eltern mindestens einen höheren Zyklusabschluss, als das Kind. (Mehr Infos zum portugiesischen Schulsystem)
Zusätzlich wird ein Lehrplan zwischen den Eltern/Erziehungsberechtigten und der Schule vereinbart, der jährlich neu erstellt werden muss. Damit soll sichergestellt werden, dass der Schüler dieselben Lerninhalte vermittelt bekommt, wie ein Schüler im regulären Unterricht. Der vereinbarte Lehrplan sieht außerdem vor, dass
- für Homeschoolingschüler und sein Bildungsverantwortlicher zeitweise eine Anwesenheitspflicht an der Schule gibt
- ein Portfolio mit den erarbeiteten Themen erstellt und
- dieses vom Homeschooling-Schüler präsentiert wird.
Beides wird geprüft und bewertet - zusätzlich zu den bereits bestehenden Prüfungen. Andererseits stellt die Schule (anders als bisher) entsprechende Räume und sogar die Bibliothek zur Verfügung.
Fällt der Schüler bei diesen Zwischenbewertungen negativ auf, weil er Lerninhalte nicht oder nur mangelhaft umgesetzt hat, erhält der Schüler zehn Tage Zeit, um sein Portfolio zu überarbeiten. Die Schule soll künftig das Recht eingeräumt werden, das Kind in solchen Fällen aus dem Homeschooling in den regulären Unterricht zu versetzen. Unklar ist momentan noch, ob dies jederzeit umgesetzt werden darf oder lediglich zum Ende einer Schulperiode/eines Schuljahres. Aus dem Gesetzestext geht nur hervor, dass die Umsetzung nach entsprechener Meldungab dem nächsten Arbeitstag gilt.
Der Verein Associação Nacional de Pais em Ensino Doméstico (ANPED) hat bereits Einspruch gegen des Gesetzentwurf erhoben. Der Verein ist empört darüber, dass das Machtverhältnis von Schulen und Eltern von den Eltern zur Schule wandert. Darüber hinaus gäbe es keinerlei einheitlich klare Richtlinien, nach denen sich die Schulen richten müssten, so dass sich die Eltern der schulischer Willkür ausgesetzt fühlten. Alexandra Nascimento Vizepräsidentin des Vereins ANPED: "Man möchte Homescholling beenden, ohne das offiziell zu tun." Die starke Steuerung durch die Schule mache ein Homeschooling im traditionellen Sinne hinfällig.