Bereits in der Zeit der spanischen Fremdherrschaft begann der Niedergang der portugiesischen Kolonialreichs: Ein Teil ging an die Niederlande verloren – nämlich die Molukken, Ceylon, Malakka und sogar ein (das nordöstliche) Stück Brasiliens, das Portugal erst Jahre später, nämlich 1654 zurückgewinnen konnte. Auch Engländer und Franzosen begannen sich mehr und mehr in Asien umzusehen und schafften es, einen Großteil der portugiesischen Kolonien und Stützpunkte zu übernehmen.

 
Das portugiesische Kolonialreich im 16. Jahrhundert              Portugals Kolonien 1916 bis 1974

Freundschaft mit England

Um sich vor einem erneuten Angriff aus Spanien zu schützen, schloss Portugal mit England erneut einen Freundschaftspakt.

Zum Glück, denn 1659 griffen die Spanier an und versuchten, Portugal wieder fürs Reich der Habsburger zurückzuerobern.
Mit Hilfe englischer Truppen jedoch gelang es in mehreren Schlachten, die Spanier zurückzudrängen. 1668 – im Frieden von Lissabon – erkannte der spanische König Karl II. endlich die Unabhängigkeit Portugals an und erklärte alle Ansprüche auf den portugiesischen Thron für nichtig. Im Gegenzug verzichtete Portugal auf Ceuta. Dom Afonso VI. trägt daher auch den Beinamen „der Siegreiche“ (O Vitorioso) – selbst wenn er von Kindheit an schwächlich und geistesschwach war. Er lebte – nachdem sein jüngerer Bruder Pedro ihn deshalb 1667 entmachtet hatte – in Sintra und auf den Azoren. Nach seinem Tode 1683 bestieg Dom Pedro den Thron.


Im "Frieden von Lissabon" (1668) erkannte Spanien Portugals
Unabhängigkeit an. Im Gegenzug erhielt Spanien Ceuta.

Weitere Verträge mit England folgten: beispielsweise der Methuenvertrag (1703), in dem England der zollfreie Import bestimmter Güter, außerdem gab es Zollerleichterungen für portugiesische Weine in England. Das führte auf lange Sicht dazu, dass Portugal wirtschaftlich mehr und mehr in britische Abhängigkeit geriet. 

Das zweite goldene Zeitalter

Der Absolutismus wurde unter König João V. (1689-1750) eingeführt – Vorbild war der französische König Ludwig XIV. In Dom Joãos Regierungszeit entstanden prachtvolle Bauten: etwa der Klosterpalast von Mafra (Palácio Nacional de Mafra ), die größte Schloss- und Klosteranlage Portugals; die Universitätsbibliothek von Coimbra, den Aquädukt von 

Águas Livres in Lissabon – finanziert wurde das alles mit den Erlösen aus dem brasilianischen Goldhandel.


Links: Der Palacio Nacional in Mafra
Oben: Águas Livres - der Aquädukt von Lissabon

(oben) Eine der schönsten Bibliotheken der Welt:  die
von König João V. (links) gestiftete Biblioteca Joãnina 
in der Universität von Coimbra

Brasilien wurde in der Mitte des 17. Jahrhunderts zur wichtigsten portugiesischen Kolonie: Die Rohstoffe, die im Lande gefördert wurden – Gold, Diamanten und Rohrzucker – waren bald die Hauptquelle des Reichtums. Auch wegen der prachtvollen Bauwerke wird die Regierungszeit von Dom João V. als „zweites goldenes Zeitalter“ bezeichnet.

Ganz anders regierte sein Sohn: Als Dom José I. (1750-1777) dagegen galt eher als Asket – und eine seiner ersten Amtshandlungen war es, genau jene Angehörigen der Adelsfamilien als Berater zu wählen, die bei seinem Vater eher in Ungnade standen. Darunter war der erste Marquês de Pombal ( Sebastião José de Carvalho e Melo), der für einen aufgeklärten Absolutismus eintrat – und der nach einer furchtbaren Katastrophe zum Baumeister eines neuen Lissabon und eines aufgeklärten portugiesischen Staates wurde: Am 1. November 1755 zerstörte ein Erdbeben und der anschließende Tsunami einen Großteil Lissabons und verursachte Schäden im gesamten Land. 

Die Zeit Napoleons: Portugals Königshaus im Exil in Brasilien

In der Zeit der französischen Revolution bis zum Ende der Herrschaft Napoleons stand Portugal an der Seite Englands: Das Land schloss sich nicht der Kontinentalblockade an und wurde 1807 von französischen Truppen besetzt. Die Franzosen versuchten insgesamt drei Mal, in Portugal Fuß zu fassen. Immer wieder wurden sie von britischen Truppen zurückgeschlagen, die im Verbund mit Portugiesen kämpften. 

Der Krieg endete offiziell 1814, die Folgen jedoch waren eine Katastrophe für Portugal: Ganze Landstriche waren verwüstet, die Königsfamilie nach Brasilien geflohen, der Regierungssitz in Rio de Janeiro.
Brasilien wurde deshalb 1815 unabhängiges Königreich und war nicht länger portugiesische Kolonie. Dom João VI. wurde 1816 nicht nur zum König von Portugal, sondern auch zum König von Brasilien gekrönt. Das Mutterland verarmte und geriet mehr und mehr in Abhängigkeit zu Großbritannien.

Die Ideen der französischen Revolution waren mit Napoleons Truppen auch in Portugal bekannt geworden. Vor allem in der Armee gab es Unruhen; ein Aufstand der Offiziere in Porto führte 1820 zur „Liberalen Revolution“: Die Engländer wurden entmachtet, die Ständevertretung in Portugal, die Cortes (die es seit 1211 gegeben hatte und die nach und nach durch den Reichtum der portugiesischen Könige unbedeutend geworden waren), wurde zu einer verfassunggebenden Versammlung.
Man rief den König aus Brasilien zurück, und der kam auch – aber widerwillig. Und er ließ seinen Sohn in Südamerika. Als die Corte Brasilien dann wieder zurück in den Kolonialstatus setzen wollten, kam es zum Bruch: Brasilien wurde 1822 unabhängiges Kaiserreich, der portugiesische Kronprinz  Dom Pedro I. zum ersten Kaiser gekrönt.


João VI. (1767-1826): König
von Portugal 
und Brasilien

Pedro I. (1798-1834):
Kaiser von Brasilien

Machtkampf, Bürgerkrieg und ständige Krise

In Portugal selbst spitzte sich die Situation zu: Es kam zu internen Machtkämpfen zwischen liberalen und konservativen Kräften. Für zwei Monate wurde das Land nach dem Tode König Joãos VI. (1826) von seinem Sohn, dem brasilianischen Kaiser Dom Pedro I. (der als portugiesischer König den Namen Pedro IV. trägt) regiert. Dann dankte er in Portugal ab. Sein jüngerer Bruder Miguel brach seinen Treueeid, ergriff die Macht und ließ sich zum König Portugals krönen. Der Streit zwischen den beiden Brüdern erreichte seinen Höhepunkt, als Dom Pedro I. auch in Brasilien von seinen Ämtern zurücktrat und im so genannten Miguelistenkrieg (1832-34) König Miguel I. bekämpfte. Dom Miguel musste nach seiner Niederlage ins Exil – er war der letzte absolutistische Herrscher Portugals. Seine Nichte, Königin Maria II., war die letzte aus der Familie Bragança – sie starb 1853. 

Danach herrschte, bis zum Sturz der Monarchie im Jahr 1910, die portugiesische Linie des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha. Immer wieder gab es in den Jahren der letzten portugiesischen Könige Unruhen und Aufstände, bis hin zum Bürgerkrieg 1847, der erst durch das Eingreifen britischer und spanischer Truppen beendet wurde.
Es entwickelte sich langsam eine parlamentarische Monarchie – wobei man bedenken muss, dass nur etwa ein Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt war. Zwei Parteien wechselten sich regelmäßig mit der Regierungsbildung ab, beide allerdings hatten denselben adeligen bzw. großbürgerlichen Hintergrund.
Erst 1876 wurde eine republikanische Partei gegründet, deren erster Abgeordneter zog 1878 in den Cortes ein. 

Das Ende der Monarchie

Die Kolonialkrise wurde 1887 ausgelöst, als Portugal mit dem Plan an die Öffentlichkeit trat, seine beiden Kolonien Mosambik und Angola zu vereinen. Es kam zu begeisterter Zustimmung im Lande – und zu entsprechend großer Enttäuschung, als man, durch ein Ultimatum Englands gezwungen, auf diesen „Plan der rosa Landkarte“ verzichten musste.


Die "Mapa cor-de-rosa" - Portugals fehlgeschlagenener Plan,
die südafrikanischen Kolonien zu verbinden

Die Bevölkerung suchte die Schuld dafür erstmals nicht bei der Regierung, sondern beim König – der Anfang vom Ende des Königtums. Die republikanische Bewegung gewann an Zulauf. 

Bei den Parlamentswahlen 1890 – kurz vorher hatte Karl Marx in Lissabon eine Rede gehalten – kam es zu Ausschreitungen mit Toten und Verletzten. Nur ein knappes Jahr später riefen Aufständische in Porto die Republik aus – allerdings wurden sie von der Armee niedergeschlagen.
Kurze Zeit danach – im Mai 1891 – musste Portugal wegen unlösbarer wirtschaftlicher und finanzieller Probleme den Staatsbankrott erklären. Die Folge: ein politisches Chaos, bis im Jahr 1899 eine gegenseitige Anerkennung der Kolonien Großbritanniens und Portugals erfolgte. Die Kolonialkrise war damit beigelegt.

Dennoch gärte es weiter im Volk: Das Verhältnis von Staat und Kirche war ein ständig präsentes Thema, republikanische Bestrebungen nahmen zu. Aufstände und Demonstrationen, selbst Straßenkämpfe waren an der Tagesordnung.
1906 wurde João Franco Ministerpräsident: Als seine Versuche, das Vertrauen der Bevölkerung in den König wiederherzustellen, nichts fruchteten und die republikanischen Bestrebungen sich verstärkten, griff Franco wieder zu diktatorischen Methoden: Es gab verschärfte Pressezensur, außerdem sollten – mit Zustimmung des Königs – republikanische Abgeordnete, die an Aufständen teilgenommen hatten, deportiert werden. Dies betraf eine ganze Reihe von Führern der republikanischen Partei.

   
links: Das Attentar auf Dom Carlos I. und Thronfolger
Luís Filipe am 1. Februar 1908 in Lissabon.
Oben: Erinnerungstafel am Praça do Comércio.

Am Tag nach diesem Beschluss wurden König Carlos I. und der Thronfolger Luís Filipe in Lissabon auf offener Straße erschossen. Der jüngere Sohn des ermordeten Königs bestieg als Dom Manuel II. (1889-1932) den Thron – er konnte die Situation jedoch nicht mehr retten. Obwohl er João Franco entließ und obwohl er zahlreiche seiner Gesetze zurücknahm und teilweise Amnestien erließ, setzten sich die radikalen Kräfte durch.  
Aufstände in Lissabon und anderen Städten führten dazu, dann am 6. Oktober 1910 in Lissabon die Republik ausgerufen wurde. Dom Manuel war einen Tag zuvor zurückgetreten und ins Exil nach England gegangen.
Historische Zeitdokumente gibt es auf der portugiesischen Seite  Centenário 1910-2010.

Auf einen Blick

  • Freundschaftsvertrag mit England 1642
  • Spaniens Anerkennung der Unabhängigkeit 1668
  • Das zweite goldene Zeitalter 1706-1750
  • Das große Erdbeben von Lissabon 1755
  • Die Liberale Revolution 1820
  • Ende des Hauses Bragança 1853
  • Haus Sachen-Coburg und Gotha 1853-1910
  • Die Kolonialkrise 1887
  • Die Republik 1910

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